Rechtsanwalt Dieter Nohl
Einbürgerung
Die Bundesregierung hat am 23.07.2008 die Rechtsverordnung zu Einbürgerungstest und Einbürgerungskurs im Kabinett zustimmend zur Kenntnis genommen.
Mit der Rechtsverordnung kommt das Bundesministerium des Innern dem gesetzlichen Auftrag in § 10 Abs. 7 des Staatsangehörigkeitsgesetzes nach, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses zu regeln.
Die Rechtsverordnung regelt im Einzelnen die Art, den Umfang und das Bestehen des Einbürgerungstestes sowie dessen Durchführung, die entweder mit Unterstützung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) aufgrund einer Verwaltungsvereinbarung zwischen dem jeweiligen Land und dem BAMF oder in Eigenregie des Landes erfolgen kann sowie die grundlegende Struktur und die einzelnen Lerninhalte der von den Ländern zu organisierenden Einbürgerungskurse, in dem auf das für die Durchführung der Kurse verbindliche Rahmencurriculum verwiesen wird.
Der Fragenkatalog mit den 300 allgemeinen Fragen aus den Themenbereichen "Leben in der Demokratie", "Geschichte und Verantwortung" und "Mensch und Gesellschaft" und den jeweils zehn landesspezifischen Fragen ist auch als Anlage der Rechtsverordnung beigefügt und wird im Bundesgesetzblatt mit veröffentlicht.
Die Prüfungsfragen sind im Auftrag des Bundesministeriums des Innern vom Institut für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) an der Humboldt-Universität zu Berlin entwickelt worden. Das IQB ist eine von den Ländern gemeinsam finanzierte Einrichtung mit nationaler und internationaler Reputation bei der Entwicklung und Prüfung von Bildungsstandards (z.B. PISA-Studie). Alle Prüfungsfragen sind nach wissenschaftlichen Kriterien an verschiedenen Vergleichsgruppen getestet worden.
Die Entwicklung der Testfragen wurde durch Experten aus der Wissenschaft, Vertreter der Bundesressorts und der Länder kontinuierlich begleitet.
Das Rahmencurriculum ist vom BAMF im Zusammenarbeit mit den Ländern, insbesondere mit der Landeszentrale für politische Bildung in Baden-Württemberg, entwickelt und als Teil des Konzepts "Bundeseinheitliche Standards für das Einbürgerungsverfahren" von der Innenministerkonferenz im Frühjahr 2007 gebilligt worden. Die Fragen des Einbürgerungstestes sind den Themenbereichen des Rahmencurriculums entnommen.
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Gericht/Institution: | BMI |
Erscheinungsdatum: | 23.07.2008 |
Entscheidungsdatum: | 23.07.2008 |
Aktenzeichen: | C 350/06, C 520/06 |
Kindernachzug
Das BVerwG hat entschieden, dass der Lebensunterhalt eines Ausländers dann nicht im Sinne des Aufenthaltsgesetzes gesichert ist, wenn er Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II hat.
In dem Ausgangsfall ging es um den Antrag einer 1990 geborenen Türkin auf Erteilung eines Visums zum Zweck des Familiennachzugs zu ihrer im Bundesgebiet lebenden türkischen Mutter. Dieser war nach Scheidung vom Vater der Klägerin das alleinige Sorgerecht übertragen worden. 1998 war sie ohne ihre Tochter nach Deutschland eingereist. Den Antrag der Klägerin auf Erteilung eines Visums vom Mai 2005 lehnte die Auslandsvertretung der Bundesrepublik Deutschland in Istanbul ab.
Das VG Berlin und das OVG Berlin-Brandenburg haben die dagegen gerichtete Klage abgewiesen und dies wie folgt begründet: Zwar lägen bei der Klägerin die besonderen Voraussetzungen für einen Kindernachzug vor, es fehle aber an der auch in diesem Fall regelmäßig erforderlichen Sicherung des Lebensunterhalts. Der nach dem SGB II zu berechnende Unterhaltsbedarf für die Klägerin und ihre Mutter übersteige das anrechnungsfähige Einkommen um etwa 245 €, so dass in dieser Höhe nach Einreise der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung nach dem SGB II bestünde. Dabei sei das Erwerbseinkommen der Mutter der Klägerin um die Beträge zu mindern, die der Gesetzgeber beim Arbeitslosengeld II eingeführt hat, damit diejenigen, die eine – wenn auch gering entlohnte – Arbeit ausüben, mehr Geld zur Verfügung haben als Erwerbslose (hier: Erwerbstätigenfreibetrag und Werbungskostenpauschale). Mit ihrer Revision wendet sich die Klägerin u.a. gegen den Abzug der Beträge vom Erwerbseinkommen ihrer Mutter. Es handele sich hierbei um fiktive Beträge, die das für den notwendigen Lebensunterhalt tatsächlich benötigte Einkommen nicht minderten. Zweck der erst 2005 eingeführten höheren Freibeträge sei es nicht gewesen, die Nachzugsvoraussetzungen zu Lasten von Ausländer zu verschärfen.
Das BVerwG hat die Entscheidung der Vorinstanzen bestätigt.
Soweit der Gesetzgeber den Familiennachzug und Aufenthaltsrechte von der Sicherung des Lebensunterhalts abhängig macht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 3 AufenthG), wolle er eine Inanspruchnahme öffentlicher Mittel verhindern. Ist davon auszugehen, dass – wie bei der Klägerin – im Falle des Nachzugs ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld nach dem SGB II entsteht, sei der Lebensunterhalt nicht gesichert. Ob die Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen werden, sei nach dem gesetzgeberischen Regelungsmodell unerheblich. Folglich ergebe sich das maßgebliche Erwerbseinkommen aus dem SGB II. Der arbeits- und sozialpolitische Zweck der Freibetragsregelungen stehe ihrer Berücksichtigung im Rahmen des Aufenthaltsrechts nicht entgegen, auch wenn sie sich hier zu Lasten des Betroffenen auswirken. Der Auffassung der Revision, in diesen Fällen könne ein Nachzug zugelassen werden, weil bei tatsächlicher Inanspruchnahme öffentlicher Mittel die Möglichkeit der nachträglichen Aufenthaltsbeendigung bestehe, konnte das BVerwG nicht folgen. Denn eine spätere Aufenthaltsbeendigung dürfte in diesen Fällen kaum ohne Rechtsverstoß möglich sein, so dass die Behörde hierauf nicht verwiesen werden darf. Da die Klägerin auch keine Anhaltspunkte vorgetragen hatte, die für ein Absehen von der Regelvoraussetzung der Lebensunterhaltssicherung oder für die Annahme eines Härtefalles – insbesondere im Hinblick auf Art. 6 GG oder Art. 8 EMRK – hätten sprechen können, war ihre Revision zurückzuweisen.
Das BVerwG hat mit seiner Entscheidung eine in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte umstrittene Frage geklärt.
Quelle | |
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Gericht/Institution: | BVerwG |
Erscheinungsdatum: | 26.08.2008 |
Entscheidungsdatum: | 26.08.2008 |
Aktenzeichen: | 1 C 32.07 |
Indien
Voraussetzungen für ein Deutsches-Visum:
Voraussetzungen für ein Schengen-Visum:
Prerequisites for a German visa:
Prerequisites for a Schengen visa:
Türkei
Das BVerwG hat den EuGH zur Klärung der Frage angerufen, ob das assoziationsrechtlichem Aufenthaltsrecht eines Ehepartners auch im Fall der Scheidung der Ehe mit der stammberechtigten türkischen Ehefrau fortbesteht.
Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er reiste im Alter von 22 Jahren nach Deutschland ein und heiratete eine hier lebende Türkin. Er erhielt eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Seit November 2003 ist die Ehe rechtskräftig geschieden. Der Kläger wurde mehrfach wegen Gewaltdelikten verurteilt, zuletzt im Jahr 2004 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung. Opfer war seine mittlerweile geschiedene Ehefrau. Im Juli 2005 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Kläger aus dem Bundesgebiet aus.
Das Verwaltungsgericht und der VGH Baden- Württemberg hielten die Ausweisung für rechtswidrig, weil der Kläger erhöhten Ausweisungsschutz nach den besonderen Regeln des Assoziationsrechts EWG-Türkei genieße, den ihm seine frühere Ehefrau vermittelt habe (Art. 7 Satz 1 Spiegelstrich 2 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türke - Art. 7 ARB 1/80). Die Regeln des Assoziationsrechts habe das Regierungspräsidium bei der Ausweisungsverfügung nicht beachtet, weil an ihr keine unabhängige Stelle mitgewirkt habe. Hiergegen wendet sich die Revision des beklagten Landes.
Das BVerwG hat dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung nach Art. 234 Abs. 1 und 3 EG vorgelegt:
1. Bleibt das gemäß Art. 7 Satz 1 Spiegelstrich 2 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei (ARB 1/80) als Familienangehöriger erworbene Beschäftigungs- und Aufenthaltsrecht des Ehegatten eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehörenden türkischen Arbeitnehmers auch nach Scheidung der Ehe erhalten?
Im Fall der Bejahung der Frage 1:
2. Liegt eine missbräuchliche Berufung auf das aus Art. 7 Satz 1 Spiegelstrich 2 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei (ARB 1/80) von der früheren Ehefrau abgeleitete Aufenthaltsrecht vor, wenn der türkische Staatsangehörige diese nach Erwerb der Rechtsstellung vergewaltigt und verletzt hat und die Tat mit einer zweijährigen Freiheitsstrafe geahndet worden ist?
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Gericht/Institution: | BVwerG |
Erscheinungsdatum: | 02.07.2008 |
Entscheidungsdatum: | 24.04.2008 |
Aktenzeichen: | 1 C 20.07 |
Familienzusammenführung
Laut ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist bei der Überprüfung einer Visumserteilung nur auf wenige offenkundige Tatsachen abzustellen, wie die Eigenschaft als Familienangehöriger oder die Unterhaltsgewährung. Das Erfordernis des Deutschtestes könnte deshalb gegen die EU-Familienzusammenführungsrichtlinie verstoßen.